GemeinWohlWohnen e.V.

Newsletter, Januar 2020

Liebe Freunde und Freundinnen von Gemeinwohlwohnen!

Ich hoffe niemand ist steckengeblieben im vergangenen Jahr und ihr seid erfolgreich weitergerutscht: das Schlechte im alten Jahr lassend und das Gute ins neue tragend. Hier ist unsere Neujahrs-Newsletter mit allerlei spannenden Sachen!


Neuer Stammtisch „Inklusives Wohnen“: München braucht einen Stammtisch für Inklusives Wohnen. Zusammen mit dir und allen Interessierten möchten wir 2020 einen Stammtisch „Inklusives Wohnen“ initiieren. Zur Vernetzung, dem Erfahrungsaustausch, der Bündelung von Ressourcen und Planung gemeinsamer Projekte brauchen wir ein regelmäßiges, offenes Treffen. Eingeladen sind alle Menschen, die für sich oder andere inklusive Wohnmöglichkeiten weiterdenken, verbreiten und umsetzen möchten. Weil gemeinsam möglich ist, woran wir alleine scheitern!

Das erste Treffen findet statt am 7. Februar ab 18:00 Uhr im Gasthaus Domagk (Fritz-Winter-Str. 12). Damit wir einen Überblick bekommen, wie viele Menschen kommen, tragt euch bitte unter folgenden Link ein:

Anmeldungs-Doodle-Stammtisch-Inklusives-Wohnen

Gerne kannst du die Einladung an engagierte Freund*innen und Bekannte weiterleiten, die an dem Aufbau eines Stammtisch Interesse haben könnten!


Inklusive Wohnangebote und Selbstbestimmung: Am 3. Dezember 2019 fand unsere Mitgliederversammlung in einer inklusiven Wohngemeinschaft der Pfennigparade statt. Mit den Bewohner*innen und Pflegekräften der Wohngemeinschaft sind wir ins Gespräch gekommen über die Herausforderungen eigene Wohnungen und selbstbestimmte Pflegekonzepte außerhalb institutioneller Wohnform zu finden und zu etablieren.

Ein wichtiges Thema des Treffens war die Frage nach den Unterschieden der Herangehensweise von Gemeinwohlwohnen im Vergleich zu dem Konzept einer Wohngemeinschaft der Pfennigparade: das Konzept der Pfennigparade stellt die effiziente, umfangreiche und professionelle Versorgung der Bewohner*innen mit Behinderung in den Mittelpunkt. Das alltägliche Zusammenleben von WG-Bewohner*innen mit und ohne Behinderung ist nicht Teil des Konzeptes. Die Bewohner*innen mit Behinderung sind Kunden, die über die Pfennigparade mit qualitativ hochwertigen und sicheren Dienstleistungen versorgt werden.

Die Ausgangslage für Gemeinwohlwohnen ist die Selbsthilfe und die Eigenverantwortung. Wir organisieren keine Pflege oder Wohnprojekte für Andere, sondern unterstützen engagierte Menschen selber Konzepte auszuarbeiten und umzusetzen. Wenn ein Mensch zu uns kommen und sagt: „Ich möchte in einer Wohnform wohnen, in der Menschen mit und ohne Behinderung Zusammenleben.“, dann antworten wir nicht: „Hier sind unsere Angebote. In folgender WG ist noch ein Platz frei.“, sondern wir fragen: „Wie würdest du denn am liebsten wohnen? Welchen Fähigkeiten und Ressourcen kannst du einbringen um deine Idee umzusetzen? Hier ist was wir wissen, was wir können und was wir so machen. Magst du mitmachen?“


Spenden: Dank unserer Fördermitglieder können wir unsere laufenden Kosten weiterhin selber stemmen. Das gibt uns die Unabhängigkeit, um jenseits der Vorgaben von geförderten Projekten und Richtlinien eigene Wege zu gehen. Vielen Dank an alle Spender und Spenderinnen, dass ihr dies ermöglicht!

Wenn du vielleicht im Jahr 2019 gedacht hast: „Oh! Irgendwie besitze und verdiene ich mehr Geld, als ich eigentlich so zum Leben benötigen. Was soll ich denn jetzt nur damit machen? Flug in die Karibik? Nä, Scheiße, das Klima. Neues Handy? Nä, Scheiße, ausbeuterische Löhne. Äh, Ich kauf mal lieber nichts…“

Hier ist die Lösung: Spende an Gemeinwohlwohnen! Jetzt sogar online… traraaaa:

Digital-Spenden-Schwein-Link


Hier noch ein Gastbeitrag von einem Mensch ohne Behinderung zu der Frage, wie ist denn so ist, wenn auf einmal ein Mensch mit Behinderung in die Wohngemeinschaft einzieht. Das Pflegekonzept der hier beschriebenen Wohngemeinschaft beruht darauf, dass Mitbewohner*innen und Nachbarn ohne Behinderung je nach ihrem Möglichkeiten und dem Bedarf bei Pflege und Assistenz aushelfen und dafür pauschal oder nach Tätigkeit über das Persönliche Budget bezahlt werden.

Knuts Einzug in unsere Wohngemeinschaft hat mein Leben und meine Ansichten auf den Kopf gestellt. Angefangen hat das damit, dass ich sonst kaum mit behinderten Menschen zu tun hatte und es mir daher in einer Welt ohne Gedanken um jene gemütlich machen konnte. Sie werden schon irgendwie versorgt werden, dachte ich. Doch wenn ich mir vorstelle, dass ein so lebens- und unternehmungslustiger Typ wie Knut vielleicht um 19 Uhr ins Bett gesteckt werden würde, nur damit man endlich Feierabend machen kann, dreht sich mir der Magen um. Unsere Wohngemeinschaft, so wie wir sie leben, hat im Endeffekt nicht in erster Linie mit inklusivem Wohnen im Sinne „jemand mit Behinderung lebt dort“ zu tun. Es geht  um einen Deal der die Bedürfnisse und Freiheiten aller Bewohner*innen ausgleicht. Unsere ganze Gesellschaft sollte eigentlich so funktionieren: jeder achtet auf die Bedürfnisse jedes Einzelnen und findet dabei den bestmöglichen Umgang mit sich selbst. Schließlich sind wir alle irgendwo auf einander angewiesen. 

Mich selber zum Beispiel schränkt eine chronische Schmerzkrankheit im Alltag erheblich ein. Dennoch verschwieg ich meine Krankheit über Jahre hinweg meinen Mitbewohnern gegenüber. Ich schämte mich ob meiner ungewöhnlichen Bedürfnisse und Einschränkungen, litt gleichzeitig jedoch unter dem selbst auferlegten Druck, so funktionieren zu müssen wie alle anderen. Knut gegenüber traute ich mich schließlich alles zu erzählen. Ich ging schlicht davon aus, dass er mein Problem verstehen müsse. Mich inspiriert der offene und würdevolle Umgang mit seinen Einschränkungen und Bedürfnissen –  jeden Tag auf’s Neue um genau zu sein. Das Leben mit ihm hat mir also nicht nur die Augen geöffnet, sondern auch einen neuen Umgang mit meiner eigenen „Behinderung“ gelehrt.

Die Pflege ist eine notwendige Hilfestellung für Knuts Alltag und doch bezahlt er sie nicht nur mit Geld, sondern auch mit eigener Hilfe. Manchmal frage ich mich, wer von uns „behinderter“ ist. Ich genauso wie er kommen in gewissen Bereichen des Alltags nicht gut alleine zurecht. Ich finde das gar nicht so einen großen Unterschied und doch wird in der Regel so getan, als wäre der Unterschied gravierend und schlimm. Wollen wir wirklich verantworten, manche Menschen nicht wie selbstbestimmte Menschen zu behandeln, nur weil sie z.B. nicht laufen können? Durch die selbstorganisierte Pflege und Assistenz kann Knut verreisen, bis spät in die Nacht feiern, alles mögliche machen, was ihm halt so einfällt. Er ist so frei, wie es ein Mensch nun mal sein sollte. Und – Dank der Erfahrung dieser Form von Pflege – bin auch ich selbst freier geworden. Ich habe gelernt, mich selbst und die Gesellschaft besser zu verstehen.


 

Ein vor Glück purzelndes neues Jahr allerseits!